Image by Dafne Narvaez Berlfein


Julia Brunner


Artist Statement

Anlass für meinen Aufenthalt in The Watch ist ein Bild von Remedios Varo, dem ich vor vielen Jahren begegnet bin, ohne es zu sehen. Bordando el Manto terrestre”. Eine Beschreibung aus der Sicht einer Romanfigur. Sechs Frauen sitzen hoch oben in einem Turm ohne Fenster, den Wänden zugewandt, besticken Stoff. Für die Betrachterin ein Spiegel, in dem sie sich selber sieht. Und doch ist da für mich mehr als der Turm als Metapher, der sie zum Weinen bringt.

Aus dünnen Schlitzen im Mauerwerk quellen die Stickereien hinaus in die Öffentlichkeit, bedecken die Erdoberfläche. Werden Welt? Die Darstellung empfinde ich später, als ich das Bild sah, auch als stark, die Handlung als ermächtigend. Eine Stimme.

Für “One Day at the Watch” lehne ich mich an diesen Aspekt des Bilde an. Mäandere entlang der Fäden von Stimmproduktion, Rinnsalen, widerspenstigen Erzählungen und der Arbeit mit Stoff. Ein erster Akt eines visuellen Essays, der aus den Luken des Grenzwachturms wächst. So weit ich an einem Tag komme: Schreibmaschinenpoesie auf Papierbahn, gestickte Metapher auf Stoff.

Biografie

Julia Brunner (* 1983) lebt in Berlin und erzählt, auch gemeinsam mit anderen Menschen, Geschichten in Bild und Ton. Ihr thematischer Bezugspunkt ist dabei u.a. der urbane Raum mit seinen Spannungsfeldern, Wegen, Räumen, Grenzen und Brüchen, der mentale Raum mit seinen Erinnerungen, Gedanken, Träumen und Visionen sowie deren Verschränkungen. In ihren Arbeiten geht sie u.a. der Frage gemeinsamer Verhandlung nach, experimentiert Formen für ein gemeinsames Sprechen und verwebt Alltäglichkeiten. Sie ist verortet in Berlin am Kottbusser Tor, im Kunst- und Projektraum Kotti-Shop und außerdem Mitbegründerin des Kunst-Labors SuperFuture, welches das Spannungsfeld Raum - Gesellschaft - Psychologie mit künstlerischen Methoden experimentell untersucht.